Sowjetische Kriegsgefangene
Die sowjetischen Kriegsgefangenen waren neben jüdischen Personen und der sowjetischen Zivilbevölkerung die größte Opfergruppe der nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungspolitik.
Weit über 5 Millionen sowjetische Soldat_innen gerieten in deutsche Gefangenschaft. Die genaue Zahl der Opfer lässt sich bis heute nicht benennen - sie liegt bei mindestens 2,6 wahrscheinlich bis zu 3,2 Millionen.
Während des Zweiten Weltkrieges waren in fast jedem Ort Kriegsgefangene verschiedener Nationalitäten in der Land- und Forstwirtschaft, in Industriebetrieben oder bei Bauarbeiten eingesetzt. Der Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen war eine wichtige Säule der deutschen Kriegswirtschaft. Behandlung und Arbeitseinsatz der sowjetischen Kriegsgefangenen erfolgten unter Missachtung der Bestimmungen der Internationalen Genfer Konvention von 1929. Brutale Behandlung, Unterversorgung und schlechte Arbeitsbedingungen führten zu einer hohen Todesrate.
Wegen des allgemeinen Arbeitskräftemangels planten Wehrmacht und Arbeitsverwaltung im Sommer 1941, bis zu eine Million sowjetischer Kriegsgefangener in das Deutsche Reich zu holen. Die nationalsozialistische Führung stand dem aus ideologischen Gründen jedoch skeptisch gegenüber. Im August 1941 legte Hitler die Höchstzahl der sowjetischen Kriegsgefangenen im Reichsgebiet auf 120 000 fest. Sie mussten zunächst im Straßenbau, bei Landeskulturarbeiten, in Steinbrüchen, bei der Reichsbahn und der Wehrmacht arbeiten.
Nach dem Scheitern der Blitzkriegstrategie im Herbst 1941 führten verstärkte Einberufungen zur Wehrmacht und der Mehrbedarf an Waffen und Munition zu bedrohlichen Engpässen in der Kriegswirtschaft. Daraufhin befahl Hitler den „Großeinsatz“ der sowjetischen Kriegsgefangenen, die nun auch in der Rüstungsindustrie, im Bergbau und in der Landwirtschaft beschäftigt wurden. Bis 1944 stieg die Zahl der im Reichsgebiet zur Arbeit eingesetzten sowjetischen Kriegsgefangenen auf mehr als 650 000.
Die Zuständigkeit für den Arbeitseinsatz lag bei den Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlagern. Ab August 1941 richteten die Lager Bergen-Belsen, Oerbke und Wietzendorf mehr als 500 Arbeitskommandos ein. Deren Verwaltung ging am 1. Dezember 1941 an die Lager XI A Altengrabow, XI B Fallingbostel, X A Schleswig, X B Sandbostel und X C Nienburg über, die bis Kriegsende weitere Arbeitskommandos aufstellten. Insgesamt waren in Niedersachsen und Bremen ca. 2000 Arbeitskommandos mit sowjetischen Kriegsgefangenen verortet.
Ein Arbeitslohn war für die sowjetischen Kriegsgefangenen zunächst nicht vorgesehen. Ab Mitte November 1941 erhielten sie eine geringe Entlohnung, die von der Verwaltung des Kriegsgefangenenlagers gutgeschrieben und bei notwendigen Anschaffungen wie Arbeitskleidung oder Seife verrechnet wurde.