Blick vom Wachturm auf das Vorlager im Kriegsgefangenenlager Wietzendorf, Winter 1941/42 (Privatbesitz)

Kriegsgefangenenlager

Die Kriegsgefangenenlager in Nordwestdeutschland waren Teil eines Systems von Hunderten von Lagern, das die Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland und den besetzten Gebieten aufbaute. 

Zuständige Einrichtung für die Versorgung der Kriegsgefangenen in deutschem Gewahrsam und die Organisation des Lagersystems war die Abteilung Kriegsgefangenenwesen im Oberkommando der Wehrmacht (OKW).

Nach ihrer Gefangennahme wurden die gegnerischen Soldaten von den Sammelstellen zunächst in Durchgangslager („Dulags“) hinter der Front überführt. Anschließend wurden sie getrennt nach Dienstrang in Offizierslagern („Oflags“) oder Mannschafts-Stammlagern für Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere („Stalags“) in Deutschland, später auch in den besetzten Gebieten untergebracht.

Das Gebiet des Deutschen Reiches war in „Wehrkreise“ eingeteilt, die mit römischen Ziffern bezeichnet wurden, z. B. Wehrkreis XI Hannover. Die Kriegsgefangenenlager wurden mit der Nummer des Wehrkreises und einem Großbuchstaben gekennzeichnet, z.B. „Oflag XI A“ Osterode oder „Stalag XI B“ Fallingbostel. Die Lager für sowjetische Kriegsgefangene erhielten eine zusätzliche Nummer, z.B. „Stalag XI C“ (311) Bergen-Belsen.

Die Stalags waren für die Organisation und Verwaltung des Arbeitseinsatzes zuständig. Die Gefangenen wurden von hier aus auf Arbeitskommandos verteilt, die organisatorisch jeweils dem entsprechenden Stammlager zugeordnet waren. Die Vermittlung der Gefangenen an die Arbeitgeber erfolgte über die Arbeitsämter, die zu diesem Zweck Außenstellen in den Stalags einrichteten.

Mannschaftsstammlager auf dem Gebiet des heutigen Landes Niedersachsen

X D (310) Wietzendorf

Das Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager X D (310) in Wietzendorf war eines von insgesamt zwölf Lagern, die im Sommer 1941 im Deutschen Reich eigens für sowjetische Kriegsgefangene eingerichtet wurden. Wietzendorf war zeitweise das größte Lager für sowjetische Kriegsgefangene in Deutschland.

Zwischen Juli 1941 und März 1942 starben im Lager Wietzendorf etwa 14 300 sowjetische Kriegsgefangene an Unterernährung und Erschöpfung. Im Juli 1942 wurde Wietzendorf vom Stalag X B Sandbostel als Zweiglager übernommen. Es diente nun vor allem als Lazarett für sowjetische Kriegsgefangene. Ab Herbst 1943 kamen zehntausende kriegsgefangene italienische Soldaten nach Wietzendorf. Sie wurden hier registriert und zumeist umgehend in Arbeitskommandos in den Wehrkreisen X und XI weitergeleitet.

Ab 1944 wurde Wietzendorf als Oflag 83 zur Unterbringung italienischer Offiziere genutzt. Es war bis zur Befreiung im April 1945 das größte Offizierslager für italienische Militärinternierte im Deutschen Reich. Im Februar 1945 verlegte die Wehrmacht 3000 französische Offiziere aus Arnswalde, Sandbostel und Nienburg nach Wietzendorf.

In Wietzendorf starben zwischen August 1941 und April 1945 mindestens 16 000 sowjetische Kriegsgefangene sowie 30 italienische Militärinternierte und ein französischer Kriegsgefangener.